BUND OV Dossenheim

Erste Steinkauzberingungen in der Region

12. September 2022 | Lebensräume, Naturschutz, Vogelschutz

Nachdem die Vogelwarte Radolfzell im vergangenen Jahr das Beringungsprojekt genehmigt hatte, konnten in diesem Juni die ersten Steinkauzberingungen vorgenommen werden. An insgesamt vier Standorten im Zuständigkeitsgebiet zwischen Heidelberg im Süden und Weinheim im Norden wurden vier Bruten in den Nisthilfen festgestellt, sodass die ersten Individuen in dieser Region, neun Jungvögel und ein adultes Weibchen, beringt werden konnten. Dabei erhielten sie - vergleichbar mit einem Personalausweis - einen Metallring mit einer individuellen Nummer. Mit ihr werden in der Datenbank EURING wichtige Informationen, unter anderem wo, wann und von wem das Tier beringt wurde, verbunden.

Im Juni beringte Michael Ziara die ersten Steinkäuze in der Region  (Patricia Reister)

In der Vorbereitung wurden ab Mitte Mai die 67 Nisthilfen, davon 45 nördlich von Heidelberg und 22 auf Heidelberger Gemarkung, von den jeweils zuständigen Betreuer*innen kontrolliert. Wo ein Brutpaar festgestellt werden konnte, erhielten die Betreuer*innen sowie die Eigentümer*innen der Privatgrundstücke als Dank für ihre Unterstützung die Einladung, die Beringung live mitzuverfolgen, sobald die Jungvögel das passende Alter von zwei bis max. vier Wochen erreicht hatten. 

Die Gelegegröße der Steinkäuze beträgt meist 3-5, selten 6 oder 7 Eier, die im Abstand von meist 2 Tagen gelegt und ab dem zweit- oder drittgelelegten Ei bebrütet werden. Die Nestlinge sind daher bei der Beringung unterschiedlich alt, weshalb das Alter des jüngsten Nestlings als Referenz dient. Da Eulen kräftige Läufe entwickeln, darf nicht zu früh beringt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass der Metallring für die spätere Beindicke zu locker sitzt und verloren geht. Entsprechend fanden die Beringungen kurzfristig statt.

 

Brutpopulationsuntersuchung am Steinkauz

Das Beringungsprojekt widmet sich der Frage, wie sich die Brutpopulation des Steinkauzes im Rhein-Neckar-Gebiet entwickelt. So sollen mittel- und langfristig Informationen über Bruterfolge, Ausbreitung und Ortsveränderungen gewonnen und gezielte Schutzmaßnahmen daraus abgeleitet werden. Einer besonderen Rolle kommen dabei Wiederfunde von bereits beringten Individuen zu, bei denen die Ringnummern abgelesen und mit der Datenbank abgeglichen werden. So erlangt man beispielweise Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Zeitraum der Steinkauz migriert ist und welche Strecke er zurückgelegt hat. 

Steinkauzbeobachtungen während der Brutzeit

An drei weiteren Standorten, u.a. auch in Dossenheim, konnten während der Brutzeit mehrfach balzende Steinkäuze beobachtet werden. Sie bezogen allerdings nicht die angebotenen Nisthilfen und konnten daher nicht beringt werden. Trotz mehrfacher Nachkontrollen im Rahmen des Monitorings waren die Brutplätze nicht ausfindig zu machen. Dennoch zeigen sie, dass weitere Individuen im Untersuchungsgebiet sind, was uns hoffnungsvoll stimmt. Im Vergleich zu den Jahren bis 2019, in denen nur ein Brutpaar in Edingen-Neckarhausen bekannt war, ist die Population und damit die Hoffnung auf eine weiterhin positive Bestandsentwicklung gewachsen.

Besonders spannend sind dabei Wiederfunde von Vögeln, die im Rahmen anderer Beringungsprojekte mit einem Metallring markiert worden sind, wie es beispielsweise 2021 bei einem Todfund in der Nähe des Julius-Kühn-Instituts der Fall war. Mittels der Ringnummer konnte über die Vogelwarte Radolfzell festgestellt werden, dass der mit einem Fahrzeug kollidierte Steinkauz am 12. Juni 2019 in Ditzingen in Nordwürttemberg beringt worden war. Entsprechend hatte er beachtliche 74 km sowie einige Autobahnen und Gefahrenstellen überwunden. Wenngleich sich der größte Teil der Steinkauzjungen doch meist in weniger als 10 km Entfernung zum Geburtsort ansiedeln, belegen jene Funde doch, dass die kleinen Eulen erstaunliche Strecken zurücklegen und selbst geschlossene Waldgebiete, Flüsse oder sogar offene Meere überwinden können. Ihnen kommt, was den Austausch und die Vernetzung selbst abgelegener Brutvorkommen angeht, eine hohe Bedeutung hinsichtlich der genetischen Vielfalt zu. Dabei stehen die Chancen auf regelmäßige Wiederfunde aus anderen Beringungsprojekten gut, da unter anderem in Worms ein seit Jahrzehnten erfolgreiches Steinkauzprojekt läuft.

Lebensraumverluste führten zu Bestandsrückgängen

Denn der kleinen koboldhaften Eule macht seit Jahrzehnten der zunehmende Lebensraumverlust schwer zu schaffen. Abhängig von offenen, grünlandreichen Landschaften mit ganzjährig kurzer Vegetation, einem großen Höhlenangebot, Sitzwarten und beweideten Grundstücken hat es der Steinkauz zunehmend schwerer. Zentrale Probleme sind für ihn der Schwund von Dauergrünland, die großflächige Überdüngung, der Wegfall von Brachflächen, die Rodung von Obstwiesen mit hochstämmigen Bäumen, die starke Veränderung dörflicher Strukturen, die Zersiedelung und der Flächenfraß. Insbesondere in den 1970er Jahren brachen die Bestände vielerorts ein und die einzelnen Reviere verinselten nach und nach, sodass kein bis wenig Austausch mehr unter ihnen bestand. Immer weitere Rückgänge waren die Folge, so auch im Rhein-Neckar-Gebiet. 

Eine Wende brachten gezielte Schutzmaßnahmen, die an vielen Standorten in Deutschland zum Erhalt, der Wiederansiedlung und der Ausbreitung des Steinkauzes beitrugen. Mittlerweile brüten 90% aller Brutpaare in Deutschland in künstlichen Nisthilfen, was den Erfolg, aber auch die Notwendigkeit dieser Artenschutzprojekte eindrucksvoll belegt.

Kooperatives Artenschutzprojekt

Um die Bestandsentwicklung dieser Eulenart im Rhein-Neckar-Kreis umzukehren, braucht es neben dem Einsatz für den Erhalt einer strukturreichen Landschaft eine enge Zusammenarbeit möglichst vieler Naturschutzverbände in möglichst vielen Gemeinden, die gemeinsam ausgehend von den bekannten Standorten geeignete Lebensräume mit Niströhren ausstatten.

Im Sommer 2020 haben wir von Seiten des BUND Dossenheim in Kooperation mit dem Arbeitskreis Greifvogelschutz des NABU Heidelberg damit begonnen, geeignete Habitate auf Dossenheimer Gemarkung zu suchen und die Zahl der angebotenen Nisthilfen erhöht und damit die bereits 2007 begonnenen Maßnahmen intensiviert und systematisiert. Dazu wurde mit der Schülerfirma MIDENA in Sinsheim zunächst ein modifizierter Steinkauznistkasten entwickelt, der es erlaubt, den Nistkasten bequem von oben zu öffnen, was die Betreung erheblich erleichtert. Bis Dezember 2021 haben wir vom BUND Dossenheim zahlreiche Nisthilfen mit Zustimmung der jeweiligen Eigentümer*innen bzw. Pächter*innen zwischen Dossenheim, Schriesheim und Ladenburg installiert.

Seither kamen mit dem BUND Ladenburg und dem NABU Weinheim zwei weitere Projektpartner hinzu. Ab der nächsten Brutsaison wird sich der BUND Hemsbach-Laudenbach an dem kooperativen Artenschutzprojekt beteiligen.

Nun steht für den Herbst die Reinigung der Nisthilfen an, damit sie den jungen Steinkäuzen, die sich gleich im ersten Jahr ein eigenes Revier suchen, als Quartier zur Verfügung stehen. Sind die Kästen noch mit Starenmaterial vollgestopft, ziehen die Jungkäuze in der Regel weiter. Bei der Reinigung werden auch Ektoparasiten, sog. äußere Parasiten, aus der Nisthilfe entfernt. 

Herzlichen Dank!

Da dieses kooperative Artenschutzprojekt ohne die vielfältige Unterstützung und das Vertrauen aller Kooperationspartner*innen so nicht möglich wäre, möchten wir die Gelegenheit nutzen und uns bei allen ausdrücklich bedanken: 

Herzlichen Dank an ...

  • alle Eigentümer*innen und Pächter*innen der vielen Privatgrundstücke für das Wohlwollen und das entgegengebrachte Vertrauen sowie die Möglichkeit, an geeigneter Stelle Nistkästen zu montieren.
  • alle Betreuer*innen für die regelmäßige und rechtzeitige Kontrolle und Reinigung der Nisthilfen. 
  • den Landschaftserhaltungsverband (LEV) Rhein-Neckar e.V. für die Finanzierung der Nistkästen.
  • der Schülerfirma MIDENA mit ihrem Lehrer Stefan Würth für die zuverlässige Herstellung der Nistkästen.
  • den AK Greifvogelschutz des NABU Heidelberg, dem BUND Ladenburg, dem BUND Hembsach-Laudenbach und dem NABU Weinheim für die konstruktive und freundschaftliche Zusammenarbeit.
  • den Zoo Heidelberg für die Unterstützung des Projektes.

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