Faszinierend ist die Ausstellung in der Tat, denn sie stellt eine Frage, die im Alltag oft genug viel zu wenig Platz findet: Was passiert unter unseren Füßen im Boden? Was macht Humus so wertvoll? Und warum gilt es, achtsam und sorgfältig mit der Ressource Boden umzugehen. In der Ausstellung werden die Besucherinnen und Besucher auf eine Entdeckungstour mit vielen Mitmachstationen geschickt, auf der die Rolle von Pflanzen, Pilzen, ihrem riesigen Netzwerk sowie den sich im Erdreich tummelnden Lebewesen erschlossen werden. Denn Boden ist lebendig! Angefangen bei Kleinstlebewesen über Würmer, Käfer bis hin zur Ameise und Erdhummel. Auch viele Säugetiere haben ihre Bauten unter der Erde oder leben ganz in ihr.
In einem Kubikmeter Boden leben typischerweise Bodenorganismen in der Größenordnung von mehreren Billionen (also 1000 Milliarden) Individuen, unter optimalen Bedingungen aber auch ein Tausendfaches davon. Doch die Rolle der Kleinstlebewesen wird allzu sehr unterschätzt. Dabei übernehmen sie wichtige Aufgaben, recyceln abgestorbene Tiere und Pflanzenreste im Boden. Bis ein einziges Blatt vollständig zersetzt ist, wird es mehrfach verzehrt und ausgeschieden. So arbeiten kleinere und größere Bodenlebewesen und Mikroorganismen in einer Wechselbeziehung zusammen, setzen Nährstoffe frei und werten den Boden durch unzählige Grabgänge auf, vermischen Erdschichten und belüften den Boden. Nicht zuletzt ist das Ergebnis ihrer Arbeit die Anreicherung von Huminstoffen in den oberen Bodenschichten.
Der Prozess wird als Humifizierung bezeichnet und die im Boden enthaltenen Huminstoffe geben ihm seine charakteristische dunkle Farbe. Co2 wird gebunden und Humus entsteht. Weltweit ist im Boden viermal mehr Kohlendioxid gespeichert als in der oberirdischen Vegetation und zweimal mehr Kohlendioxid als in der Luft. Unmissverständlich wird deutlich, dass der Schutz der Ressourcen – Fläche und Boden – und ihrer biologischen Vielfalt nötig ist, um langfristig unseren Wohlstand zu sichern. Doch Flächenfraß und Bodenversiegelung schreiten in Deutschland ungebrochen fort. In Dossenheim ist der Augustenbühl eine solch hochwertige, aber bedrohte Fläche, für dessen Schutz wir uns als BUND Dossenheim gemeinsam mit dem Augustenbühl e.V. einsetzen.
Der Augustenbühl - eine hochwertige, bedrohte Fläche in Dossenheim
Wer mit den Ausstellungsinhalten im Kopf in Dossenheim durch den Augustenbühl spaziert, für den hat sich unweigerlich der Blick auf das Gebiet geschärft. Seine ökologische Hochwertigkeit sieht man dem Gebiet mit seinem großen Altbaumbestand, dem hohen Strukturreichtum und den vielen extensiv bewirtschafteten Flächen sofort an. Verändert hat sich aber der Blick auf die Details: Man stellt sich die Frage, wie viele und welche Kleinstlebewesen im Boden der 11,5 ha Freifläche enthalten sind und wie viel Co2 in der Humusschicht gespeichert wird. Wie umfassend ist die Mykorrhiza, also die Symbiose zwischen Pilzen und Bäumen, über die Nährstoffe und Wasser ausgetauscht werden?
Weil dies ein gigantisches Kommunikationssystem zwischen Pilzen und Pflanzen ist, spricht man auch vom Wood Wide Web, eine Anspielung auf unser Kommunikationssystem World Wide Web. Über die Hausgärten und den Friedhof erstreckt es sich vom Augustenbühl ausgehend ins FFH-Schutzgebiet (nach Fauna-Flora-Habitat-Richtlinien ausgewiesen) und das europäische Vogelschutzgebiet Bergstraße Dossenheim-Schriesheim. Es ist ein sensibles System, das jedoch gerade in Zeiten des Fortschreitenden Klimawandels, zunehmender Trockenheit und vermehrter Anfälligkeit für Unwetter immer bedeutsamer wird und ähnlich wie das mit ihm einhergehende oberirdische System der Kaltluftschneißen nicht leichtfertig durch die Entnahme einzelner Bestandteile oder durch großflächige Eingriffe zerstört werden darf. Einmal mehr schärft sich der Blick, dass der Augustenbühl als von der Bebauung ausgesparte Freifläche im Übergang zu den Weinbergen und dem Vogelschutzgebiet ökologisch zu hochwertig ist, um ihn zu bebauen.
Wer sich über das sensible, faszinierende unterirdische System informieren möchte, dem sei die Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz empfohlen, die noch zum bis 19. Juni 2022 zu sehen ist. Der Besuch lohnt sich.
Weitere Informationen zum Augustenbühl finden Sie unter https://dossenheim.bund.net/themen-und-projekte/augustenbuehl/ und unter www.augustenbuehl.de.