BUND OV Dossenheim

Reges Interesse und drei besondere Highlights bei der Führung zur Flora und Fauna im Steinbruch Leferenz

09. Juli 2021

Nachdem im vergangenen Jahr, wie vieles andere auch, die Führung zur Tier- und Pflanzenwelt im Steinbruch Leferenz ausfallen musste, freut es uns umso mehr, dass sie am vergangenen Sonntag stattfinden konnte. Gemeinsam führten Manfred Kraft und Jochen Schmidt die etwa 25 Interessierten über die drei Ebenen des zwischen 1883 und 1985 aktiven Quarzporphyrsteinbruchs und sensibilisierten die Besucher für die Besonderheiten der Flora und Fauna. Während Manfred Kraft die Pflanzen, Amphibien und Reptilien präsentierte, übernahm Jochen Schmidt die Vorstellung der Vögel.

Gleich zu Beginn konnte Jochen Schmidt den Teilnehmern ein erstes Highlight präsentieren: Aus den Baumwipfeln der Robinie ertönte der flötende Ruf des Pirols (Kategorie 3 – gefährdet der Roten Liste Baden-Württembergs). Doch so scheinbar auffallend das zitronen- bis goldgelbe Gefieder des etwa amselgroßen Vogels ist, so selten ist er hoch oben im Blätterdach zu entdecken – so auch in diesem Fall.

Zeigefreudiger war da, nur wenige Meter vom Pirol entfernt, eine ausgewachsene Schlingnatter (Kategorie 3 – gefährdet der Roten Liste Baden-Württembergs), die sich an der Felskante vor der ehemaligen Abfüllanlage in der Vormittagssonne aufwärmte und sich den Exkursionsteilnehmern in ihrer vollen Größe von etwa 75 cm präsentierte. Das sei ein besonderer Glücksfall, so berichtete Manfred Kraft, da ihm im Gebiet bislang nur zwei ähnlich gute Beobachtungen geglückt seien. Typisch für die Schlingnatter ist ihre graue bis (rot-) bräunliche Färbung und der dunkel-braune Seitenstreifen, der vom Nasenloch über das Auge bis zum Mundwinkel verläuft. Die Rückenzeichnung mancher Exemplare erinnert an eine Kreuzotter, die aber in unserer Region nicht vorkommt. Diese Verwechslungsmöglichkeit endete in früheren Zeiten für die vollkommen harmlose Natter leider oft tödlich. Wegen ihrer glatten Schuppen wird sie auch Glattnatter genannt. Den deutschen Namen Schlingnatter erhielt sie, da sie ihre Beute nicht mit Gift, sondern durch Umschlingen tötet.

Auch die stark gefährdete Gelbbauchunke (Kategorie 2 – stark gefährdet der Roten Liste Baden-Württembergs) ließ sich in einigen Gewässern immer wieder gut beobachten. Sie profitierte einst von den vielen, durch ständige Befahrungen und Umwälzungen entstandenen frischen Pfützen und Fahrrillen, die sich mit Wasser füllten und erst nach einigen Wochen austrockneten. In diesen temporären Kleingewässern fand sie ebenso wie die Wechselkröte, deren Ruf über einen Lautsprecher abgespielt wurde, ideale Entwicklungsbedingungen und nach der Rheinkorrektion im 19. Jahrhundert und dem damit einhergehenden Verschwinden der Auwälder einen Sekundärlebensraum.

Auch in botanischer Hinsicht hatte Manfred Kraft für die Besucher ein Highlight ausfindig gemacht: Im abgeschlossenen Biotopbereich wächst die breitblättrige Stendelwurz, eine etwa 80 cm groß werdende Orchideenart. Namensgebend sind die kräftigen, breitblättrigen und dunkelgrünen Blätter. Die Blütenstände tragen ungefähr 15 bis 80 Einzelblüten, von denen leider erst wenige geöffnet waren. Im Vergleich zu anderen Orchideen ist die Breitblättrige Stendelwurz recht wenig spezialisiert. Sie verträgt mehr Nährstoffe im Boden und kommt mit weniger Licht aus, als die meisten heimischen Erdorchideen.

In ornithologischer Hinsicht hält der abgeschlossene Biotopbereich eine Besonderheit bereit, wie Jochen Schmidt erklärte und der als Gast teilnehmende Karl-Friedrich Raqué, Leiter des AK Greifvogelschutz des NABU Heidelberg, näher ausführte: Seit Jahren brütet in ihm der Uhu, die größte einheimische Eule. Zur Beobachtung empfiehlt sich die Dämmerungszeit, insbesondere in den Monaten Dezember, Januar und Februar.

Aber es braucht nicht unbedingt den Abstecher in Privatbesuchern normalerweise verschlossene Bereiche, um Besonderheiten im Steinbruch Leferenz zu entdecken. Auch direkt am Wegrand lässt sich so Manches finden, wie Manfred Kraft betonte: So blühten gerade drei unterschiedliche Glockenblumenarten Rundblättrige-, Rapunzel- und Acker-Glockenblume, Oregano, Wilde Möhre, Baldrian, Wegwarte, Raue Nelke und Schwarze Königskerze. In wenigen Wochen folgten Raue Karde und Golddistel, die „edlere“ Verwandte der deutlich bekannteren Silberdistel. Sie alle gelangten mit dem Wind und den Erdaushüben, die am Ende des Steinbruchbetriebs aus verschiedensten Regionen des Kreises im Steinbruch abgelagert wurden, in den Leferenz. Auf diese Weise entstanden eine hochinteressante und vielfältige Flora und ein besonderes Gebiet.

Zur Übersicht