„Nachtaktiv – Die faszinierende Lebensweise der Fledermäuse“, so lautete der Titel der Fledermausexkursion von Diplom Biologe Gunnar Hanebeck, wissenschaftlicher Beirat des BUND Dossenheim. An einem schönen Sommerabend brachte er ab 21 Uhr mit vielen Abbildungen den Interessierten die typischen Lebensweisen von Fledermäusen näher.
Sie erfuhren, dass Fledermäuse mit über 1400 Arten eine sehr erfolg- und artenreiche Ordnung innerhalb der Säugetiere sind, die die meisten Lebensräume erschlossen haben. In Deutschland leben insgesamt 25 Arten, denen einige Besonderheiten gemeinsam sind. So sind Fledermäuse die einzigen Säuger, die dank der Flughäute zwischen Finger- und Mittelknochen bei gleichzeitig geringem Eigengewicht aktiv fliegen können. Mit einer Lebenserwartung von teilweise über 30 Jahren können sie sehr alt werden. Eine Besonderheit liegt auch in der Fortpflanzungsbiologie, bei der sich nach der Paarung im Spätsommer bzw. Herbst die Spermien im Körper der Weibchen über Monate hinweg erhalten, bis die eigentliche Befruchtung der Eizelle erst im nächsten Frühjahr zeitlich flexibel bei idealen Bedingungen stattfindet und das Weibchen meist im Juni ein Junges zur Welt bringt. Aufgrund der nur geringen Reproduktionsrate kommt dem Schutz der Weibchen bzw. ihrer Wochenstuben eine besonders große Bedeutung beim Fledermausschutz zu.
Denn ein zentrales Element beim Fledermausschutz sei, so erklärte Hanebeck nachdrücklich, der Schutz der Quartiere, in denen die Fledermäuse tagsüber Unterschlupf und Schutz finden. Dabei wird grundsätzlich zwischen den Arten unterschieden, die ihr Quartier in Gebäuden oder in Bäumen haben. So nutzen die meisten Gebäudefledermäuse wie Zwergfledermaus, Abendsegler, Breitflügelfledermaus und Graues Langohr Dächer- und Fassadenspalten, Spalten an Brücken oder Dachböden als Quartier. Dagegen verwenden Baumfledermäuse, wie zum Beispiel Mops- und Breitflügelfledermaus, Spechthöhlen, Baumspalten, Risse und abstehende Rinde als Quartiere. Dabei wechselt die Auswahl der Quartiere im Jahresverlauf, wobei die Fledermäuse teils enge Bindungen zu diesen Quartieren haben und sie oft über Generationen hinweg genutzt werden. Quartierzerstörungen bzw. Störungen im Quartier stellen daher einen maßgeblichen Gefährdungsfaktor für Fledermäuse dar. So führe eine Störung im Winterquartier zum Erwachen aus dem Winterschlaf und damit zu unnötigen Energieverlusten und eine Störung im sommerlichen Wochenquartier könne im schlimmsten Fall zum Verlassen des Quartiers und dem Zurücklassen der Jungen führen. Daher spielen insbesondere die im Hinblick auf den Klimawandel und die Energiewende so wichtigen energetischen Sanierungen von Gebäuden eine erhebliche Rolle. Denn oft werden Quartiere erst während der Bauphase entdeckt, sodass Schutzmaßnahmen erheblich erschwert oder unmöglich gemacht werden. Die Dunkelziffer der vernichteten Quartiere ist daher entsprechend hoch. Aus diesem Grund bat Gunnar Hanebeck darum, sich bei Hinweisen auf Fledermausquartiere frühzeitig mit ihm für einen Vororttermin in Verbindung zu setzen, um das Quartier bestimmen und schützen zu können. Sie erreichen ihn per Mail unter fledermaus.dossenheim(at)gmx.de.
Gemeinsam ist allen heimischen Fledermausarten, dass sie sich ausschließlich von Insekten ernähren. Dies macht sie einerseits zu idealen natürlichen „Mückenvertilgern“, andererseits liegt darin aufgrund des zunehmenden Insektenschwunds auch eine Ursache für ihre eigene Gefährdung. Im wendigen Flug jagen die Fledermäuse die Insekten je nach Art in Wäldern, aber auch in Offenladgebieten, deren Habitätqualität sich durch Pestizideinsatz, zunehmende Technisierung und allgemeine Veränderungen der Lebensräume leider allzu häufig verschlechtert, sodass von den in Deutschland vorkommenden Fledermausarten derzeit nur zwei als ungefährdet gelten.
Schließlich ist die Orientierung der Fledermäuse bei der Jagd mittels ausgestoßener Ultraschalllaute, die an Objekten reflektieren und so ein akkustisches Abbild der Umgebung zeichnen, eine kennzeichnende Besonderheit. Auch wenn sich das Rufrepertoire verschiedener Arten häufig überlappt, lassen sich – mit viel Erfahrung und technischen Hilfsmitteln – anhand des Klanges, des Rhythmus und der Flugweise einzelne Arten unterscheiden. Die große Begeisterung von Gunnar Hanebeck für die faszinierende Lebensweise der Fledermäuse übertrug sich rasch auf alle Interessierten, was sich auch an den vielen gezielten Nachfragen zu den für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern doch weitgehend unbekannten Säugetieren zeigte.
So war mit einbrechendem Sonnenuntergang die Vorfreude aller Exkursionsteilnehmenden groß, Fledermäuse zu beobachten. Lange warten musste niemand, denn mehrere Zwerg- und die deutlich größere Breitflügelfledermaus schwirrten am abendlichen Himmel ausgiebig und gut sichtbar bei ihrer Jagd nach Insekten über den Köpfen der Teilnehmenden umher.
Vielen Dank an die 35 Besucherinnen und Besuchern für das Interesse und die vielen anregenden Gespräche.