BUND OV Dossenheim

Insektenvortrag von PD Dr. Jürgen Gross: Klares Plädoyer für den Erhalt des Augustenbühls

06. Juni 2022 | Augustenbühl, Lebensräume, Naturschutz, Schmetterlinge, Vogelschutz, Wildbienen

Unter regem Interesse hielt PD Dr. Jürgen Gross, Präsident der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie (DGaaE) und wissenschaftlicher Direktor am Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau des Julius-Kühn-Instituts in Dossenheim, vor über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf gemeinsame Einladung des BUND Dossenheim und Augustenbühl e.V. am Internationalen Tag der biologischen Vielfalt einen Vortrag zur „Bedrohung der Insektenvielfalt – Ursachen und Lösungsansätze“.

Das Grundstück im Augustenbühl bot viel Anschauungsmaterial beim Insektenvortrag von PD Dr. Jürgen Gross  (Dermot O'Connor)

Der etwa 60-minütige freie, anschauliche und pointierte Vortrag endet mit einer klaren Forderung von Jürgen Gross: Der Augustenbühl muss als kleinstrukturierte Freifläche erhalten bleiben, gerade aufgrund seiner Lage im Übergang zum Natura 2000 Vogelschutzgebiet mit seinem Verschlechterungsverbot. Denn das reich strukturierte Gebiet fungiere als Nahrungsraum für das Vogelschutzgebiet.

Zuvor wurde deutlich: Insekten sind eine wesentliche Grundlage unserer Ökosysteme; wo sie fehlen, kann es keine intakte Natur und keinen erfolgreichen Vogelschutz geben. Denn wie beim Klimawandel gibt es auch beim Artensterben sogenannte Kipppunkte, also das Erreichen eines kritischen Grenzwertes, an dem eine kleine zusätzliche Störung eine Folgereaktion auslöst, die zu einer dauerhaften qualitativen Veränderung im System führt. Doch während diese beim Klimawandel, wie zum Beispiel dem Auftauen des Permafrosts in Sibirien oder dem Absterben borealer Wälder in Kanada und Sibirien, es mittlerweile ins öffentliche Bewusstsein geschafft haben, sind sie beim Artenschutz noch eher unbekannt. Ein solcher Kipppunkt ist lokal, regional, national und global die Bedrohung der Insektenvielfalt.

Den Wildbienen kommt nämlich eine vielfache Bedeutung zu: Einerseits sind sie die Nahrungsgrundlage unzähliger anderer Tierarten, andererseits sind sie Gegenspieler von Schädllingen, auch Bestäuber von vielen Wild- und Kulturpflanzen und schaffen damit auch die Grundlage für die pflanzenbasierte Ernährung von uns und vielen weiteren Arten. Wo Insekten also wegfallen, verschwinden mit ihnen gleichermaßen viele Pflanzenarten sowie der Nahrungskette folgend nach und nach unzählige Tierarten.

Daher gehe es bei den Bemühungen, die Insektenvielfalt zu erhalten, nicht darum, irgend eine Art zu bewahren, die vielleicht kaum jemand kenne und die oft sogar nicht einmal einen deutschen Namen trage, so Jürgen Gross, sondern darum, unsere Ökosysteme divers und damit stabil und widerstandsfähig zu halten. Denn keiner könne heute wissen, welche Arten es morgen oder übermorgen schaffen, den klimatischen Veränderungen, neuen Krankheiten oder sonstigen Herausforderungen zu trotzen. Sicher ist aber, dass die Chancen bei einer hohen Biodiversität sehr viel größer sind, als bei einer geringen.

Um diese Diversität zu erhalten, reichen Naturschutzgebiete nicht aus. Das hat die Krefelder Studie 2017 eindrücklich vor Augen geführt und wird durch viele weitere Studien untermauert. Zu massiv sind die Auswirkungen von Klimawandel, Flächenfraß, Zersiedelung, Stickstoffeintrag, Lichtverschmutzung, Pestizideinsatz und nicht zuletzt der Schottergärten. Vielmehr brauche es, um die Biodiversität zu erhalten, eine regionale Ernährung zu sichern, die Energie- und Mobilitätswende zu bewältigen, neben Kooperationsbereitschaft auch die Bereitschaft, alle zur Verfügung stehenden Mittel, zu nutzen – also global zu denken und lokal zu handeln.

Lesen Sie auch den RNZ-Artikel über die Veranstaltung.

Zur Übersicht