Fledermausexkursion im Augustenbühl – enormes Interesse für faszinierende Wesen

09. Juli 2023 | Lebensräume, Augustenbühl, Naturschutz

Großes Interesse bestand an der Fledermausexkursion von Gunnar Hanebeck  (Patricia Reister)

Schnell war klar: die Anfang Juli stattfindende Fledermausexkursion von Diplom Biologe Gunnar Hanebeck, wissenschaftlicher Beirat des BUND Dossenheim, weckt reges Interesse. So machten sich mehr als 70 Interessierte am Samstagabend bei zunächst noch drückender Gewitterstimmung auf den Weg, um ab 21 Uhr Wissenswertes über die faszinierende Lebens- und Jagdweise von Fledermäusen zu erfahren. Am Mantelbach eingefunden lösten sich – für Dossenheim typisch – die Gewitterwolken auf, sodass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einem schönen Sommerabend im Augustenbühl niederlassen und mit Spannung den mit vielen Abbildungen ergänzten anschaulichen Ausführungen von Gunnar Hanebeck folgen konnten.

Typische Lebensweisen von Fledermäusen

Sie erfuhren, dass Fledermäuse mit über 1400 Arten eine sehr erfolg- und artenreiche Ordnung innerhalb der Säugetiere sind, die die meisten Lebensräume erschlossen haben. In Deutschland leben insgesamt 25 Arten, denen einige Besonderheiten gemeinsam sind. So sind Fledermäuse die einzigen Säuger, die dank der Flughäute zwischen Finger- und Mittelknochen bei gleichzeitig geringem Eigengewicht aktiv fliegen können. Mit einer Lebenserwartung von teilweise über 30 Jahren können sie durchaus sehr alt werden. Eine Besonderheit liegt auch in der Fortpflanzungsbiologie, bei der sich nach der Paarung im Spätsommer bzw. Herbst die Spermien im Körper der Weibchen über Monate hinweg erhalten, bis die eigentliche Befruchtung der Eizelle erst im nächsten Frühjahr zeitlich flexibel bei idealen Bedingungen stattfindet und das Weibchen meist im Juni ein Junges schließlich zur Welt bringt. Auch aufgrund der jährlich nur geringen Reproduktionsrate kommt dem Schutz der Weibchen bzw. ihrer Wochenstuben eine besonders große Bedeutung beim Fledermausschutz zu.

Quartierschutz als zentrales Element beim Fledermausschutz

Denn ein zentrales Element beim Fledermausschutz sei, so erklärte Hanebeck nachdrücklich, der Schutz der Quartiere, in denen die Fledermäuse tagsüber Unterschlupf und Schutz finden. Dabei wird grundsätzlich zwischen den Arten unterschieden, die ihr Quartier in Gebäuden oder in Bäumen haben. So nutzen die meisten Gebäudefledermäuse wie Zwergfledermaus, Abendsegler, Breitflügelfledermaus und Graues Langohr Dächer- und Fassadenspalten, Spalten an Brücken oder Dachböden als Quartier. Dagegen verwenden Baumfledermäuse, wie zum Beispiel Mops- und Breitflügelfledermaus, Spechthöhlen, Baumspalten, Risse und abstehende Rinde als Quartiere. Dabei wechselt die Auswahl der Quartiere im Jahresverlauf, wobei die Fledermäuse teils enge Bindungen zu diesen Quartieren haben und sie oft über Generationen hinweg genutzt werden. Quartierzerstörungen bzw. Störungen im Quartier stellen daher einen maßgeblichen Gefährdungsfaktor für Fledermäuse dar. So führe eine Störung im Winterquartier zum Erwachen aus dem Winterschlaf und damit zu unnötigen Energieverlusten und eine Störung in sommerlichen Wochenquartier könne im schlimmsten Fall zum Verlassen des Quartiers und dem Zurücklassen der Jungen führen. Daher spielen insbesondere die im Hinblick auf den Klimawandel und die Energiewende so dringend nötigen energetischen Sanierungen von Gebäuden eine erhebliche Rolle. Denn oft werden Quartiere erst während der Bauphase entdeckt, sodass Schutzmaßnahmen erheblich erschwert oder unmöglich gemacht werden. Die Dunkelziffer der vernichteten Quartiere ist daher leider hoch. Entsprechend bat Gunnar Hanebeck darum, sich bei Hinweisen auf Quartiere frühzeitig mit ihm für einen Vororttermin in Verbindung zu setzen, um das Quartier bestimmen und schützen zu können.

Gemeinsam ist allen heimischen Fledermausarten, dass sie sich ausschließlich von Insekten ernähren. Dies macht sie einerseits zu idealen natürlichen „Mückenvertilgern“, andererseits liegt darin aufgrund des zunehmenden Insektenschwunds auch eine Ursache für ihre eigene Gefährdung. Im wendigen Flug jagen die Fledermäuse die Insekten je nach Art in Wäldern, aber auch in Offenladgebieten, deren Habitätqualität sich durch Pestizideinsatz, zunehmende Technisierung und allgemeine Veränderungen der Lebensräume leider allzu häufig verschlechtert, sodass von den in Deutschland vorkommenden Fledermausarten derzeit nur zwei als ungefährdet gelten.

Akkustische Ortung mittels Bat-Detektoren

Schließlich ist die Orientierung der Fledermäuse bei der Jagd mittels ausgestoßener Ultraschalllaute, die an Objekten reflektieren und so ein akkustisches Abbild der Umgebung zeichnen, eine kennzeichnende Besonderheit. Auch wenn sich das Rufrepertoire verschiedener Arten häufig überlappt, lassen sich – mit viel Erfahrung und technischen Hilfsmitteln – anhand des Klanges, des Rhythmus und der Flugweise einzelne Arten unterscheiden. So konnten bei einer Untersuchung der Wertigkeit des Gebietes für Fledermäuse mittels akustischer Erfassungen im Rahmen unseres Einsatzes für den Erhalt des Augustenbühls gewinnen. Hierfür wurde im Mai 2021 ein Fledermausdetektor, genauer ein Batcorder in der Waldbox-Erweiterung, für drei Wochen an einem Standort im Augustenbühl exponiert. Das Gerät zeichnet automatisch sämtliche Fledermausrufe auf. Zusätzlich erfolgen seit Mai 2021 Transekt-Begehungen durch das Gebiet. Auch hierbei werden Fledermausrufe mit einem Fledermausdetektor, genauer einem Echometer Touch Pro, aufgezeichnet. Mit Hilfe eines Computerprogramms konnten die aufgenommen Rufe anschließend artspezifisch bestimmt werden. Dabei wurden in diesem Zeitraum rund 8.000 Fledermausrufe aufgezeichnet, die Zwerg-, Breitflügelfledermaus, Grauem Langohr/ Braunen Langohr (akustisch nicht zu unterscheidendes Artenpaar), der Mückenfledermaus sowie dem Kleinen und Großen Abendsegler zugeordnet werden konnten.

Die große Begeisterung von Gunnar Hanebeck für die faszinierende Lebensweise der Fledermäuse übertrug sich rasch auf alle Interessierten, was sich auch an den vielen gezielten Nachfragen zu den für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer doch weitgehend unbekannten Säugetieren zeigte. So war mit einbrechendem Sonnenuntergang die Vorfreude aller Exkursionsteilnehmenden groß, sich ausgestattet mit Bat-Detektoren, die Hanebeck für die Interessierten mitgebracht hatte, selbst auf die Suche nach den Fledermäusen im Gebiet zu machen und ihre Ultraschalllaute, die normalerweise für das menschliche Gehör nicht wahrnehmbar sind, hörbar zu machen. Wie schon bei der Erfassung 2021, bei der mit rd. 85% der Rufaufnahmen die Zwergfledermaus die häufigste Fledermaus im Augustenbühl war, überwogen auch ihre Sichtungen bei der Exkursion. Im Mai dieses Jahres konnte in einem Wohnhaus am Rebgarten ein Quartier von über 50 Tieren dokumentiert werden. Auch Abendsegler und eine Breitflügelfledermaus waren im Rahmen der Exkursion bei der Jagd auf Insekten zu beobachten. Schließlich zeigten sich das Uhupaar aus dem Steinbruch Vatter als deutlich größere nächtliche Jäger und flogen am abendlichen Himmel gut sichtbar über die Köpfe der Teilnehmer hinweg.

Fledermäuse gesucht?

Falls Sie Hinweise auf weitere Fledermausquartiere haben, können Sie sich an den Fledermauskundler Gunnar Hanebeck unter der E-Mail Adresse fledermaus.dossenheim(at)gmx.de oder telefonisch unter 06221/7253875 wenden. Nach Absprache kann ein Vorort-Termin vereinbart werden, um das Quartier zu beurteilen und ggf. die Fledermausart bestimmen zu können.

 

 

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