BUND OV Dossenheim

Erste Steinkauzauswilderungen in der Region

25. September 2023 | Steinkauzschutz, Naturschutz, Vogelschutz, Lebensräume

Nachdem im vergangenen Jahr im Rahmen des kooperativen Steinkauzschutzprojektes „Gemeinsam für den Steinkauz“ die ersten zehn Steinkauzberingungen in der Region vorgenommen worden waren, konnten wir in diesem Jahr weitere Tiere beringen und sogar vier Jungkäuze, die im Zoo Heidelberg erbrütet worden waren, auswildern.

Lebensraumverlust führt zu Bestandsrückgängen

Der kleinen koboldhaften Eule macht seit Jahrzehnten der zunehmende Lebensraumverlust schwer zu schaffen. Abhängig von offenen, grünlandreichen Landschaften mit ganzjährig kurzer Vegetation, einem großen Höhlenangebot, Sitzwarten und beweideten Grundstücken hat es der Steinkauz zunehmend schwerer. Zentrale Probleme sind für ihn der Schwund von Dauergrünland, die großflächige Überdüngung, der Wegfall von Brachflächen, die Rodung von Obstwiesen mit hochstämmigen Bäumen, die starke Veränderung dörflicher Strukturen, die Zersiedelung und der Flächenfraß. Insbesondere in den 1970er Jahren brachen die Bestände vielerorts ein und die einzelnen Reviere verinselten nach und nach, sodass kein bis wenig Austausch mehr unter ihnen bestand. Immer weitere Rückgänge waren die Folge - so auch im Rhein-Neckar-Gebiet.

Supplementierungen zur Vermeidung von Inzuchtdepression

Um Inzuchtdepression zu vermeiden, durften wir in dieser Brutsaison erstmals mit behördlicher Genehmigung des Regierungspräsidiums Karlsruhe, die im Zoo Heidelberg erbrüteten Jungkäuze auswildern. Die adulten Steinkäuze verpflegen alle im Nest befindlichen Jungtiere, solange diese keinen zu großem Altersabstand zu einander haben. Der Altersabstand ist passend, wenn dieser zwischen dem jüngsten wilden und dem ältesten supplementierten Jungtier maximal sieben Tage beträgt. Da Eulen keine Individualerkennung haben, unterscheiden sie nicht zwischen den eigenen und den adoptierten Jungtieren, weshalb die Supplementierung in bestehende Gelege die effektivste Form der Auswilderung ist. Durch die Brutkontrollen im Projektgebiet war schnell klar, wo gebrütet worden war und wie alt die Jungtiere in den einzelnen Gelegen erbrütet worden waren. So fiel für die Auswilderung die Wahl auf zwei wilde Bruten im Projektgebiet, in die jeweils zwei Jungtiere supplementiert wurden. Die vier im Heidelberger Zoo erbrüteten Jungkäuze erhielten zur zukünftigen Identifizierung gleich zwei Metallringe mit einer individuellen Nummer, die vergleichbar mit einem Personalausweis wichtige Informationen, unter anderem wo, wann und von wem das Tier beringt wurde, verbindet und in der Datenbank EURING speichern. Neben dem Metallring der Vogelwarte Radolfzell erhielten die auszuwildernden Jungkäuze noch einen Züchterring des Heidelberger Zoos.

Über Wiederfunde von bereits beringten Individuen zu, bei denen die Ringnummern abgelesen und mit der Datenbank abgeglichen werden, sollen mittel- und langfristig Informationen über Bruterfolge, Ausbreitung und Ortsveränderungen gewonnen und gezielte Schutzmaßnahmen daraus abgeleitet werden. So sollen Informationen für die Fragestellung des Beringungsprojektes, wie sich die Brutpopulation des Steinkauzes im Rhein-Neckar-Gebiet entwickelt, gewonnen werden. So erlangt man beispielweise auch Erkenntnisse darüber, ob und in welchem Zeitraum der Steinkauz migriert ist und welche Strecke er zurückgelegt hat.

Brutsaison 2023

In der Vorbereitung wurden ab Mitte Mai die über 100 Nisthilfen im Projektgebiet von Hemsbach-Laudenbach im Norden und Reilingen im Süden von den jeweils zuständigen Betreuer*innen kontrolliert. Wo ein Brutpaar festgestellt werden konnte, erhielten die Betreuer*innen sowie die Eigentümer*innen der Privatgrundstücke als Dank für ihre Unterstützung die Einladung, die Beringung live mitzuverfolgen, sobald die Jungvögel das passende Alter von zwei bis max. vier Wochen erreicht hatten. Die Nestlinge sind daher bei der Beringung unterschiedlich alt, weshalb das Alter des jüngsten Nestlings als Referenz dient. Da Eulen kräftige Läufe entwickeln, darf nicht zu früh beringt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass der Metallring für die spätere Beindicke zu locker sitzt und verloren geht. Entsprechend fanden die Beringungen kurzfristig statt.

Neben den vier ausgewilderten Jungkäuzen konnten wir in diesem Jahr acht weitere Tiere beringen, davon zwei adulte Tiere. Sie verteilen sich auf drei erfolgreiche und eine gescheiterte Brut. Darüber hinaus konnten weitere vier Jungtiere in einem bislang unbekannten Revier dokumentiert werden, sodass wir insgesamt neun Reviere, vier erfolgreiche Bruten und 14 Jungtiere im Projektgebiet dokumentieren konnten. Zwei Revierpaare schritten nicht zur Brut. Eine wurde prädiert, eine weitere scheiterte aus unbekannten Gründen. Damit bestätigt sich die leicht positive Bestandsentwicklung im Projektgebiet und nährt die Hoffnung auf einen weiter anhaltenden Bestandstrend in der Brutsaison 2024.

Reinigung der Nisthilfen im Herbst

Nun steht für den Herbst die Reinigung der Nisthilfen an, damit sie den jungen Steinkäuzen, die sich gleich im ersten Jahr ein eigenes Revier suchen, als Quartier zur Verfügung stehen. Sind die Kästen noch mit Starenmaterial vollgestopft, ziehen die Jungkäuze in der Regel weiter. Bei der Reinigung werden auch Ektoparasiten, sog. äußere Parasiten, aus der Nisthilfe entfernt.

Kooperatives Artenschutzprojekt „Gemeinsam für den Steinkauz“

Das kooperatives Artenschutzprojekt „Gemeinsam für den Steinkauz“ im Rhein-Neckar-Kreis setzt neben dem Einsatz für den Erhalt einer strukturreichen Landschaft auf eine enge Zusammenarbeit möglichst vieler Naturschutzverbände in möglichst vielen Gemeinden, die gemeinsam ausgehend von den bekannten Standorten geeignete Lebensräume mit Niströhren ausstatten. Im Sommer 2020 haben wir von Seiten des BUND Dossenheim in Kooperation mit dem Arbeitskreis Greifvogelschutz des NABU Heidelberg damit begonnen, geeignete Habitate auf Dossenheimer Gemarkung zu suchen und die Zahl der angebotenen Nisthilfen erhöht und damit die bereits 2007 begonnenen Maßnahmen intensiviert und systematisiert. Dazu wurde mit der Schülerfirma MIDENA in Sinsheim zunächst ein modifizierter Steinkauznistkasten entwickelt, der es erlaubt, den Nistkasten bequem von oben zu öffnen, was die Betretung erheblich erleichtert. Seither kamen mit dem BUND Ladenburg, dem NABU Weinheim, dem BUND Hemsbach-Laudenbach, der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Rhein-Neckar (OAG), dem Zoo Heidelberg weitere Kooperationspartner hinzu, sodass das Projektgebiet nun von Hemsbach-Laudenbach im Norden bis Reilingen im Süden reicht.

Wahl zum Vogel des Jahres 2024

Der Steinkauz liegt Ihnen am Herzen? Dann machen Sie mit bei der Wahl zum Vogel des Jahres 2024 und wählen Sie den Steinkauz unter https://www.vogeldesjahres.de/wahl/Steinkauz/.

Herzlichen Dank!

Da dieses kooperative Artenschutzprojekt ohne die vielfältige Unterstützung und das Vertrauen aller Kooperationspartner*innen so nicht möglich wäre, möchten wir die Gelegenheit nutzen und uns bei allen ausdrücklich bedanken:

Herzlichen Dank an ...

  • alle Eigentümer*innen und Pächter*innen der vielen Privatgrundstücke für das Wohlwollen und das entgegengebrachte Vertrauen sowie die Möglichkeit, an geeigneter Stelle Nistkästen zu montieren.
  • alle Betreuer*innen für die regelmäßige und rechtzeitige Kontrolle und Reinigung der Nisthilfen.
  • dem Land Baden-Württemberg für die Finanzierung der Nistkästen durch den Landschaftserhaltungsverband (LEV) Rhein-Neckar e.V.
  • der Schülerfirma MIDENA mit ihrem Lehrer Stefan Würth für die zuverlässige Herstellung der Nistkästen.
  • den AK Greifvogelschutz des NABU Heidelberg, dem BUND Ladenburg, dem BUND Hemsbach-Laudenbach und dem NABU Weinheim für die konstruktive und freundschaftliche Zusammenarbeit.
  • den Zoo Heidelberg für die tatkräftige Unterstützung des Projektes.

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